Was ist die Geschichte hinter « Les soldes » (Schlussverkäufe) in Frankreich?
Schilder in allen möglichen Farben werben mit –30%, –50% und sogar mit –80%. Die Menschen stehen Schlange vor den Geschäften während drinnen die Händler.innen die Regale mit dem füllen, was noch in ihrem Lager übrigbleibt. Konsum auf Hochturen: "les soldes" in Frankreich.
Zweimal im Jahr, im Winter und im Sommer, für sechs Wochen, findet in Frankreich und den Übersee-Departements das statt, was man LES SOLDES nennt. Das heißt, dass in dieser Zeit die Preise von bis dato unverkauften Produkten, die aber mindestens einen Monat lang zum Verkauf standen, stark reduziert werden. Die Reduzierung kann sogar so weit gehen, dass Verluste entstehen. Der am meisten von diesen Ausverkäufen betroffene Bereich, ist der Bekleidungsmarkt. Dort dient diese Periode der kompletten Lagerentleerung, damit die Läden diese wieder mit dem neusten Trend füllen können.
Aber woher stammt diese Tradition? Schauen wir ein bisschen in die Geschichte, um die Ursprünge dieser Periode des gesteigerten Konsums zu ergründen.
Im 19. Jahrhundert trat das Phänomen des Massenvertriebes immer verbreiteter auf. 1830 ist es Simon Mannoury, der "les soldes" für das erste Kaufhaus "Petit Saint-Thomas" in Paris ‘erfindet’. Dieses Kaufhaus ist der Vorgänger des bekannten Einkaufzentrums "Le Bon Marché", dessen Mitbegründer, Aristide Boucicaut, damals noch Angestellter in ersterem Kaufhaus war. Jung und unerfahren wie er war, ließ er einen Stapel Bettwäsche in einen Fluss fallen, aber anstelle alles wegzuwerfen, zerschnitt er die Laken und konnte sie so ganz einfach auf der Straße verkaufen. Sich später an diese Episode erinnernd, schuf er in seinem "Le Bon Marché" später die sogenannte "weiße Woche", womit er sich einerseits auf die Farbe des Schnees, der zu dieser Zeit fiel bezog (nach den Weihnachtsfeiertagen), wie auch auf die traditionell weiße Bettwäsche, die er in dieser Woche aus dem Lager holte, um sie billiger zu verkaufen.
=> Für alle, die sich für diese Epoche und den Wandel im Handelsgeschäft interessieren, empfehle ich wärmstens das Buch "Das Paradies der Damen" von Émile Zola, es stellt ein realistischen Porträt dieser Zeit dar!
Dank Mannoury, der eher kurze Rabatte anbot, und Boucicaut, der diese Idee weiterentwickelte und prägte, wurden "les soldes" immer wichtiger und wurden so zu einem richtigen Ritual, das sogar durch ein 1906 geschaffenes Gesetz geregelt wird, um Missbräuche zu vermeiden.
Dieses Gesetz bestimmt auch die Merkmale und besonderen Eigenschaften der "soldes" und macht sie so zu einem geregelten Verkauf.
Also , wenn Sie nach Frankreich kommen wollen, und zusätzlich von dieser Periode profitieren wollen, sollten sie am Besten von dem letzten Mittwoch im Juni an kommen, oder vom zweiten Mittwoch im Januar an; normalerweise sind das die Daten, wo die Ausverkäufe stattfinden (dies sollte natürlich jedes Jahr überprüft werden! Mit dem Coronavirus zum Beispiel, wurden 2020 "les soldes" auf nur vier Monate verkürzt).
Man sollt natürlich immer daran denken, eher gut überlegt zu konsumieren, um so unsere Welt zu schützen. In Montpellier zum Beispiel gibt es eine tolle Auswahl an Second Hand Läden, die das ganze Jahr über Klamotten für so niedrige Preise anbieten, dass "les soldes" nur davon träumen können.